Spanien

Die Iberische Halbinsel ist einer unserer regionalen Forschungsschwerpunkte:

Kontinuität oder Diskontinuität? Landnutzung und Klimawandel im späten Pleistozän der Iberischen Halbinsel

Die Iberische Halbinsel gilt als letztes Refugium der Neanderthaler. In dem Projekt wird seit 2009 untersucht, wie die Besiedlungsgeschichte der letzten Neanderthaler verlief und welche Verbindung zu der Ausbreitung des modernen Menschen bestand. Wichtige Rahmenbedingungen sind dabei die Populationsdichte sowie kurze, abrupte Klimaereignisse, die die Lebensbedingungen im westlichen Mittelmeergebiet regelmäßig stark beeinträchtigten. Ein Vergleich mit der Situation in Nordafrika soll klären, ob über die Straße von Gibraltar hinweg interkontinentale Kontakte bestanden. Im Rahmen des Projektes werden zahlreiche Fundstellen auf der gesamten Iberischen Halbinsel untersucht und zugleich wird eine Datenbank aller wichtigen Fundplätze erstellt. Die Arbeiten werden in Kooperation mit spanischen und portugiesischen Forschungsinstituten und Museen durchgeführt.

Gefördert durch die DFG: SFB 806 (seit 2009). Our way to Europe.

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Besiedlungsgeschichte im Tal von San Quintín de Mediona
Projekt beendet

Die Travertine von San Quintín de Mediona in der Provinz Barcelona bieten auf einer Strecke von etwa 2 km ein reiches Ensemble steinzeitlicher Abrifundstellen. An den Fundstellen Mediona I, La Canyada, Can Costella und La Boria konnten zwischen 1987 und 1997 mittelpaläolithische Besiedlungen durch Ausgrabungen untersucht werden. Die mittelpaläolithische Besiedlung im Tal von San Quintín de Mediona ist erstmals zwischen 90.000 und 80.000 BP archäologisch fassbar. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich durch Erosion der großen Travertindämme, die das Tal querten, an den Talflanken im Travertin Abris und kleine Höhlen gebildet mit vorgelagerten Sedimentkegeln. In diesen Hangbereichen mit unmittelbarem Zugriff zum Fluss oder kleinen Wasserbecken siedelten die Menschen des Mittelpaläolithikums. In Can Costella liegt eine Besiedlung aus der Endphase der Isotopenstufe 5 vor.

In Mediona I liegt eine lange Abfolge von mindestens sieben Besiedlungsschichten vor. Sie beginnt in der Isotopenstufe 5 und reicht bis in die Phase 4 und womöglich darüber hinaus. Die späte Datierung der oberen Fundhorizonte in eine kühle Klimaphase wird auch durch Decksedimente der Abfolge, die aus einem Lößlehm gebildet werden, wahrscheinlich gemacht. Neben Steinartefakten und Jagdbeuteresten konnten Feuerstellen und weitere Siedlungsstrukturen erkannt werden. ESR-Datierungen an verbrannten Feuersteinen ergaben ein Alter der unteren Besiedlungen in Mediona I zwischen 84.000 und 62.000 Jahren vor heute. Noch unklar ist die Zeitstellung der Besiedlung in La Boria. Hier zeigt sich am deutlichsten die Verzahnung von menschlicher Besiedlung und Travertinbildung. Die Besiedlung erfolgte auf Travertinsanden älterer Beckenfüllungen und wahrscheinlich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Stillwasser- becken. Ab etwa 40.000 BP setzt im Tal erneut eine starke Erosion ein, die eine weitere Eintiefung des Tales um 15 m bewirkte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt reißt der archäologische Nachweis eine Besiedlung des Tales durch den Menschen ab. Erst mit dem Holozän sind wieder archäologische Spuren einer menschlichen Besiedlung im Tal auffindbar.

Die Untersuchungen wurden in Zusammenarbeit mit der Universitat Autònoma de Barcelona, dem Arbeitsbereich Archäobiologie der Universität Tübingen, dem Institut für Geographie und Geoökologie der Universität Karlsruhe sowie dem DAI Madrid durchgeführt. Die Auswertung der Ausgrabungen dauert noch an.

Gefördert durch die DFG: WE 1022/xxx (1996-1998). Steinzeitliche Besiedlungs- und Umweltgeschichte im westlichen Mittelmeergebiet - Exemplarische Studien in Katalonien.

Regionale Differenzierungen im späten Mittelpaläolithikum

Projekt beendet

Die Iberische Halbinsel gilt als eines der letzten Rückzugsgebiete des Neanderthalers. Eine viel diskutierte These besagt, dass der anatomisch moderne Mensch lange Zeit vom restlichen Europa aus nicht weiter als bis zum Fluss Ebro auf die Iberische Halbinsel vordrang während die Neanderthaler auf der Iberischen Halbinsel auf der anderen Seite des Ebros lebten. Die Kulturstufe des Mittelpaläolithikums wird in Europa klassischer Weise mit dem Neanderthaler in Verbindung gebracht, während das Jungpaläolithikum als eine neue Kultur gilt, die möglicherweise vom anatomisch modernen Menschen nach Europa gebracht wurde. Wie sich der Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum auf der iberischen Halbinsel vollzog, ist heute noch nicht klar. Auch die Ursachen für das Verschwinden des Neanderthalers sind noch ungeklärt.

Zur Erforschung dieses spannenden Fragen wurden wichtige Einzelfunde wie Humanfossilien, neuartige Werkzeugtypen des Jungpaläolithikums und Schmuckgegenstände von der Iberischen Halbinsel mit Hilfevon 3D Oberflächenscannern und Computertomographien erfasst und untersucht.

gefördert durch die Gerda Henkel Stiftung (2008-2010). Regionale Differenzierungen im späten Mittelpaläolithikum der Iberischen Halbinsel. Erstellung einer Datensammlung zur wissenschaftlichen Analyse und zur Implementierung in NESPOS.

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Ressourcennutzung im späten Mittelpaläolithikum und frühen Jungpaläolithikum

Projekt beendet

Das Projekt hat beispielhaft die technologischen Veränderungen bei der Herstellung von Steingeräten in dem kritischen Zeitbereich am Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum analysiert. Dabei konzentrierte es sich räumlich auf eine Kernregion der Paläolithforschung mit außergewöhnlich hoher Datendichte. Fundmaterial aus den Fundstellen El Castillo, Cueva Morin, L'Arbreda, Abric Romani und Jarama VI bildeten den Ausgangspunkt der Untersuchung.

Ein Schwerpunkt ist die quantitative Erfassung mittelpaläolithischer Abschlagtraditionen in frühjungpaläolithischen Inventaren des Châtelperronien und des Aurignacien bzw. jungpaläolithischer Lamellentraditionen in mittelpaläolithischen Komplexen. Dass auch im Aurignacien noch Abschläge als Grundformen für Werkzeuge genutzt wurden, ist unbestritten wurde aber bisher nicht eingehend untersucht; dies gilt ebenfalls für die Lamellenproduktion im Mittelpaläolithikum. Um eine Vorstellung von der Bandbreite des technologischen Wissens und Effizienz der Ressourcennutzung zu gewinnen, wurden erstmals umfassende, quantitative Daten erhoben.

Gefördert durch die DFG: WE 1022/8 (2007-2011). Der Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum in Südwesteuropa. Modelluntersuchungen zur Steingerätetechnologie.

Literatur

Kontinuität oder Diskontinuität? Landnutzung und Klimawandel im späten Pleistozän der Iberischen Halbinsel

Bradtmöller, Marcel; Pastoors, Andreas; Weninger, Bernhard; Weniger, Gerd C. (2011): The repeated replacement model - Rapid climate change and population dynamics in Late Pleistocene Europe. In: Quaternary International.

Schmidt, Isabell; Bradtmöller, Marcel; Kehl, Martin; Pastoors, Andreas; Tafelmaier, Yvonne; Weninger, Bernhard; Weniger, Gerd C. (im Druck): Rapid climate change and variability of settlement patterns in Iberia during the Late Pleistocene. In: Quaternary International.

Widlok, Thomas; Aufgebauer, Anne; Bradtmöller, Marcel; Dikau, Richard; Hoffmann, Thomas; Kretschmer, Inga; Panagiotopoulos, Konstantinos; Pastoors, Andreas et al. (im Druck): Towards a theoretical framework for analyzing integrated socio-environmental systems. In: Quaternary International.

Regionale Differenzierungen im späten Mittelpaläolithikum auf der Iberischen Halbinsel

Weniger, Gerd C.; Estévez, Jordi (1994): Prospektionen und Sondagen in den Travertinen von San Quintín de Mediona. Mit Beiträgen von Dieter Burger, Albert Solé und María Ángela Taulé. In: Madrider Mitteilungen 35, S. 1-31.

Ressourcennutzung im späten Mittelpaläolithikum und frühen Jungpaläolithikum

Pastoors, Andreas; Peresani, Marco (2012): Preface. In: Andreas Pastoors und Marco Peresani (Hg.): Flakes not blades. The role of flake production at the onset of the Upper Palaeolithic in Europe. Mettmann: Neanderthal Museum (Wissenschaftliche Schriften des Neanderthal Museums, 5), S. 7-10.